Deutschlands wichtigste Supergroup landet auch beim dritten Album wieder einen Volltreffer
Es gab mal eine Zeit, da musste man sich ernsthaft Sorgen um die Work-Life-Balance von Moritz Krämer machen.
Der hat gerade erst gleich zwei Soloalben über ein einziges Thema geschrieben: die Unterzeichnung eines Vertrags. Trockener gehts ja wohl kaum. Und als wäre das nicht schon beunruhigend genug: Dann heißt die erste Single von Moritz Krämers Band auch noch „Job“. Das klingt fast nach musikgewordener Überarbeitung. Aber keine Sorge, das neue Album von Die Höchste Eisenbahn macht schnell zwei Dinge klar: Erst mal werden auch genug Themen neben der Arbeit abgehandelt. Und selbst wenn mal über etwas drögere Sachen gesungen wird, klingt das selten so schön wie bei der höchsten Eisenbahn.
Sogar im Streit noch harmonisch
Eigentlich hat die Höchste Eisenbahn ja als Supergroup angefangen – und auch heute hat jedes Bandmitglied noch jeweils gefühlt elf andere Projekte nebenher am Laufen. Das hört man der Band aber mittlerweile kaum noch an. Moritz Krämer und sein Songwritingpartner Francesco Wilking harmonieren sowohl beim Singen, als auch beim Schreiben außergewöhnlich gut: Scheinbar wissen sie sogar selbst nicht mehr so ganz, wer jetzt genau welche Textzeile geschrieben hat.Das hindert die beiden aber nicht daran sich im Laufe des Albums immer mal wieder zu streiten:
Gleich am Anfang werden Moritz und Francesco sich nicht ganz einig ob jetzt gerade alles kaputt, oder eben alles in Ordnung ist. Aber zusammen mit Max Schröders Schlagzeug und Felix Weigts Bass klingt das Ganze nicht nach einem handfesten Streit, sondern eher nach freundschaftlichem Geplänkel.Die Eisenbahn gibt mehr Dampf
Eingespielt hat man sich also mittlerweile. Da kann man sich auch mal trauen, ein bisschen aus der lieb gewonnenen deutschen Singer-Songwriter Schule auszubrechen. Zwar ist Ich Glaub dir alles jetzt nicht der ganz große musikalische Neuanfang geworden, aber Die Höchste Eisenbahn pusten trotzdem noch genug neue Ideen in ihre Songs um keine Langeweile aufkommen zu lassen. "Aufregend und neu" hat zum Beispiel fast so etwas wie einen tropischen Groove und generell wird ein bisschen mehr aufs Gaspedal getreten. Bei früheren Platten zuckelte die Höchste Eisenbahn ja eher gemächlich durch die Gehörgänge, dagegen klingen neue Songs wie „Kinder der Angst“ oder „37,5°“ schon fast nach Raserei.Aber wie gewohnt sind es die Texte der Höchsten Eisenbahn, die diese Band so besonders machen:
Francesco und Moritz singen manchmal ziemlich absurde Sachen: Zum Beispiel über das Feststecken im Luxusaufzug, oder einmal wird die Geliebte plötzlich zum Frachter, der Avocados und Bananen über das Meer schippert. Aber auch alltägliches, wie Kaffee kochen am Morgen klingt plötzlich richtig zauberhaft wenn es in einem Höchste Eisenbahn Song vorkommt. Spätestens jetzt sollte man mit der Lobhudelei aber wohl aufhören: Denn gleich im zweiten Song drohen Francesco und Moritz, dass sie so lange weitersingen werden, bis alle sie lieben. Insgeheim tun wir das doch alle schon, aber zur Sicherheit sollten wir ihnen das noch eine Weile verschweigen.Tracklist: Die Höchste Eisenbahn - Ich Glaub dir alles
01 Aufregend und neu02 Kinder der Angst
03 So siehst du nicht aus
04 Zieh mich an
05 Job
06 Enttäuscht
07 Rote Luftballons
08 Louise
09 Derjenige
10 Überall
11 37,5°
12 Umsonst
Artikel teilen: