Connie Constance: Miss Power

Connie Constance: Miss Power

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Ein modernes Märchen von arktischen Affen und florentinischen Maschinen.

Manchmal muss man im Leben einfach die Notbremse ziehen.

Nein, damit ist nicht das rote Gerät im Zug gemeint, vor dem alle Erziehungsberechtigten immer gewarnt haben. Aber manchmal befindet man sich im Leben eben auf einem Pfad, der einen nicht dahin führt, wo man gerne wäre. Connie Constance war vor einigen Jahren zumindest potenziell auf dem Weg zum Megastar, mit Major Label im Rücken und angesagtem Neo Soul Sound.

Aber für welche Musik Connies Herz wirklich schlägt, zeigt Miss Power jetzt sehr deutlich.


 

Zweites Debüt

Miss Power fühlt sich ein wenig wie ein Debütalbum an, obwohl es das eigentlich gar nicht ist. Das kam nämlich eigentlich schon 2019 raus – aber es fühlt sich mittlerweile eher wie eine Erinnerung aus einem vergangenen Leben an. Unter den wachsamen Augen des damaligen Labels musste Connie Constance noch so gut wie alle Ecken und Kanten aus ihrem Sound abschleifen. English Rose klang so zwar ziemlich schön, aber Connie fühlte sich mit dieser Art von Musik so gar nicht wohl.

Also gab es bald nach dem ersten Album die Trennung vom Label und eine musikalische Neufindungsphase – und die kommt jetzt mit Miss Power zu einem ziemlich beeindruckenden vorläufigen Höhepunkt.


Es dauert nicht lange, bis man merkt, wie Connie für britischen Indie Rock brennt: "Till The World’s Awake" groovt mit Foals Gitarren hin zu einem epischen Chorus. "Miss Power" dreht den Gitarrenverstärker sogar noch ein Stück lauter und bereitet schon mal den nächsten Festivalmoshpit vor. Hin und wieder nimmt Miss Power den Fuß aber dann doch vom Gaspedal. "YUCK!" lässt zum Beispiel träumerisch den Gedanken freien Lauf, während Connie sanft auf der Akustikgitarre zupft. Und "Never Get To Love You" lässt sich mit einem sphärisch mystischen Anfang Zeit, bis zum Ende dann der epische Stadionrock ausbricht. Nicht nur wegen des ähnlichen Albumtitels kommen da Erinnerungen an Nilüfer Yanya hoch.

Aber man hört auch klar, dass in Connies Plattenschrank die ein oder andere Platte von den Arctic Monkeys, Florence + The Machine und Bloc Party ihr Zuhause gefunden hat.


 

Superheldin im richtigen Leben

Auch wenn das Album wie ein Märchen in einer Fabelwesenwelt beginnt, findet das Album in Connies Realität statt. Miss Power ist nämlich kein Superheldinnenname, sondern tatsächlich Connies bürgerlicher Nachname – der für ein so persönliches Album auch perfekt als Titel passt. Da darf sich zum Beispiel auch mal der ganze Frust, der sich in Connies bislang eher verwinkelten Karriere angestaut hat, entladen werden: "Kamikaze" geizt nicht mit schrillen Schreien, zerkratzten Sounds und genug Kraftausdrücken, um der Platte einen Parental Advisory-Sticker zu verpassen. Mit Sicherheit nicht der gefälligste Song, aber auf jeden Fall der Aussagekräftigste. Auch "Blank Canvas" klingt wie eine Verarbeitung der Kreativblockade zur Major Label Zeit und "Hurt You" vertont dann die Trennung.

Die Beklommenheit nimmt aber trotzdem nie überhand. Denn auch wenn Connie ihren Frust vertont, hört man immer noch diesen Funken Widerstand und Hoffnung auf Besserung heraus.

Und so wird Miss Power zu einem im Kern doch positiven Befreiungsschlag.

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Tracklist: Connie Constance - Miss Power

  1. In The Beginning
  2. Till The World's Awake
  3. Miss Power
  4. Never Get To Love You
  5. Mood Hoover
  6. Heavyweight Champion
  7. Hurt You
  8. Kamikaze
  9. Home
  10. YUCK!
  11. Blank Canvas
  12. Red Flag

Miss Power von Connie Constance wurde am 04. November 2022 via Play It Again Sam veröffentlicht.

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