Blur: The Ballad Of Darren

Es gab mal eine Zeit, da hat Damon Albarn einen Song namens "Country House" geschrieben.

Vielleicht nicht der größte Hit der Blur Zeit, aber doch ein Song der einiges geschafft hat: Zum einen hat er in der ersten großen Schlacht des Britpops den Gallagher Schreihälsen einen empfindlichen Dämpfer verpasst. Und außerdem hat er gezeigt, dass die angeblich ach so braven Blur-Jungs auch ganz schön bissige Satire können. Aber heute, knapp 30 Jahre nachdem sich Damon Albarn über alte Männer, die sich nach dem ruhigen Landleben sehnen, lustig gemacht hat, müssen Blur jetzt doch etwas feststellen: Im Grunde genommen hat sich die junge Band über ihre eigene Zukunft lustig gemacht – Erwachsenwerden ist wirklich die größte Tragik des Rockstarlebens.

Aber wirklich schlimm, oder sogar tragisch ist das ganze aber dann vielleicht doch nicht: Denn The Ballad Of Darren zeigt, dass Blur nicht nur ganz genau wissen, wo sie gerade stehen – sie fühlen sich auch noch prächtig wohl dabei.

Vom Comic in die Realität.

Eigentlich ist es schon fast eine Sensation, dass Blur überhaupt wieder da sind. The Magic Whip bekam schließlich acht Jahre lang keinen Nachfolger und es schien so, als wäre Damon endgültig zu den Gorillaz übergelaufen. Aber nach ausreichender Pause hat es dann wohl doch wieder in den Fingern gejuckt und der Sänger betonte immer wieder, wie sehr er doch Lust hätte, mit Graham, Alex und Dave wieder auf die Bühne zu stürmen. Gesagt, getan: Aber mit der Tourankündigung kam dann doch die Frage, ob man wirklich nur mit den alten Hits hausieren gehen wollte. Das klang ein bisschen zu einfach für Blur und so hat sich Damon zwischen den Gorillaz-Tourterminen immer wieder eingesperrt, um The Ballad Of Darren zu schreiben.

Die Platte wurde aber zum Glück nicht nur eine schnöde Notwendigkeit – etwas weniger verkopft an alles ranzugehen hat Blur sogar ziemlich gutgetan.

Nostalgie ohne Woohoo

Wenn Damon für "The Ballad" seine tiefe Stimme mit adäquaten Streichern begleiten lässt, kommen nicht nur Erinnerungen an alle Blur-Zeiten hoch, sondern auch an Jahrzehnte, die man möglicherweise gar nicht selbst erlebt hat. Der Song ist sowieso in gewisser Weise das Herzstück der Platte: Die Demo schwirrte nämlich schon seit Jahrzehnten in Damons Songsammlung herum und ein gewisser Securityguard namens Darren Evans lag ihm seit jener Zeit in den Ohren den Song doch endlich fertig zu schreiben. Zum Dank wird ihm gleich mal der Albumtitel gewidmet.

Trotz des Namens dürfen aber nicht nur Balladen auf die Platte: "Barbaric" kombiniert fröhliches Gitarrenriff und subtile Orgelklänge mit sehnsüchtigem Schwelgen nach den Gefühlen der Vergangenheit, "St. Charles Square" hinterfragt, ob Blur den alten Sound überhaupt noch authentisch rüberbringen können – und tut dann genau das ohne mit der Wimper zu zucken. "The Narcissist" bewirbt sich derweil dann auch noch mit eingängigem Coxon Riff zur alternativen Festivalhymne des Sommers – ganz ohne Trap Beat.

Große Sprünge machen Blur hier zwar nicht, aber wenn Refrains, Riffs und Attitüde so gut sitzen will man doch eigentlich gar nicht mehr. 

Letztes Hurra?

The Ballad Of Darren ist dementsprechend keine späte Neuerfindung: Hier wird ordentlich auf Nostalgie und Melancholie gesetzt – natürlich nicht besonders abenteuerlich, aber halt eben doch ziemlich effektiv. Man bekommt fast den Eindruck, dass sich Blur hier ein letztes Mal mit der eigenen Geschichte versöhnen wollen, bevor es endgültig in getrennte Richtungen gehen soll. Aber auch wenn The Ballad Of Darren, wie Damon so ein kleines bisschen andeutet, der letzte Auftritt von Blur sein soll, können sich Fans über ein richtig gelungenes letzte Kapitel freuen.

Und falls nicht – dann natürlich erst recht.