Die Mercury-Preisträgerin macht genauso fantastisch weiter.
Maschinen können schon so einiges - aber an der Empathie müssen sie noch arbeiten.
Der Blechmann aus dem Zauberer von Oz muss sich ja auch erst auf die Suche nach einem Herzen machen. Und wer im neuesten Zelda-Teil schon von einer selbst gebauten Maschine überrollt wurde, weiß, dass man von den Dingern nicht gerade viel Mitleid erwarten kann. Eine sanfte Maschine klingt da schon erstmal ein wenig wie ein Widerspruch. Aber als Titel für das zweite Album von Arlo Parks passt es perfekt: Denn die Platte schwebt im Limbo zwischen verletzlichen Gefühlen, kalter Realität, niederschmetternden Themen und traumhaft schönem Sound.Auf My Soft Machine verpackt Arlo Parks das Emotionschaos der gerade erst Erwachsengewordenen ziemlich nah an der Perfektion.
Superstar der Herzen
Ihr Durchbruch hatte sich ja sowieso schon ziemlich lange angekündigt. Mittlerweile ist es auch schon über zwei Jahre her, dass Arlo Parks sich mit Collapsed in Sunbeams zum Sprachrohr ihrer Generation beworben hat - nicht mit aufgeplusterten Ansagen, sondern mit sanft klingenden, ehrlichen Tagebucheinträgen die zielsicher ins Herz getroffen haben. Seitdem ist die Sängerin auf jeder Bühne der Welt unterwegs und gefühlt bester Kumpel von allen angesagten Künstler*innen. Klar, dass die Erwartungen ans zweite Album nicht gerade klein sind. Aber Arlo Parks macht auf My Soft Machine schnell klar, dass ihre alten Stärken immer noch da sind.Almost everyone that I love has been abused, and I am included
Gleich die zweite Zeile im Intro "Bruiseless" versprüht wieder diese entwaffnende Ehrlichkeit, die Arlo Parks so besonders macht. Ihre Textzeilen schwanken wie gewohnt zwischen Tagebucheintrag und kreativer Lautmalerei - perfekt um das Gefühlschaos Anfang 20 zusammenzufassen. In "Purple Phase" singt sie von der Hilflosigkeit wenn ein wichtiger Mensch eine schwere Zeit durchmachen muss. In "Weightless" versucht sie sich von einer nicht wirklich investierten Person freizumachen und in "Puppy" muss sie zugeben, dass so mancher Schmerz eben doch nicht weggeht - auch wenn sie vor zwei Jahren doch genau das behauptet hat.
My Soft Machine ist aber kein rein düsteres Album: Denn noch viel mehr als auf dem Debüt spielt dieses Mal die Liebe eine Rolle und Arlo formuliert ihre Gefühle auf wirklich zauberhafte Weise. In "Blades" kämpft sie zwar noch mit ihrem Selbstwertgefühl, aber in "Impurities" kann sie ihre selbsternannten Schwächen akzeptieren und sich vollends der Beziehung hingeben - noch schöner wird es wahrscheinlich nur in "Pegasus", wenn sie mit Phoebe Bridgers um die Wette träumt.
Klangtherapie
Auch wenn die Themen mitunter heftig werden können: Der Sound von My Soft Machine fühlt sich an wie ein kuscheliges Kopfkissen, in dem man unendlich versinken kann. Arlo Parks hat sich dieses Mal mehr von elektronischer Musik beeinflussen lassen - vor allem Massive Attack und Portishead sind kaum zu überhören.Zusammen mit Arlos gewohnt sanfter Stimme klingt My Soft Machine stellenweise fast schon hypnotisierend und auch ein gutes Stück homogener als das collagenartige Collapsed in Sunbeams.
Überraschungen im Sound gibt es trotzdem: "Blades" schielt zum Beispiel gekonnt Richtung R&B und wird zum wohl tanzbarsten Song ihrer Karriere - und der Moment, wenn "Devotion" die Gitarre aufheulen lässt, ist ein absolutes Highlight einer Platte, die wirklich nicht mit Highlights geizt.
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