Die (Un)sichtbarkeit von wohnungslosen Frauen

Die (Un)sichtbarkeit von wohnungslosen Frauen

Katrin Mönnighoff-Umstätter im Interview bei egoFM Elise

Warum merkt man wohnungslosen Frauen ihre Obdachlosigkeit oft nicht an? Mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, weiß Katrin, Leiterin eines Übergangswohnheims für Frauen.

Katrin Mönnighoff-Umstätter leitet das Übergangswohnheim "Hannah" in Frankfurt. Hier werden Frauen untergebracht, die sich in Not- und Krisensituationen befinden. Seit 2017 erarbeiten die Mitarbeiter*innen zusammen mit den Frauen neue Perspektiven. Sie erklärt, dass sich Frauen manchmal sogar freiwillig für die Obdachlosigkeit entscheiden. Oft sei es die Flucht aus der Herkunftsfamilie nach Ärger oder Streits. Manchmal ist auch eine mögliche Zwangsheirat der Grund. Alles in allem sind es schwere Schicksale, mit denen obdachlose Frauen zu kämpfen haben.
  • Die (Un)sichtbarkeit von wohnungslosen Frauen

Unsichtbarkeit von wohnungslosen Frauen

59.000 Frauen waren im Jahr 2018 laut Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe wohnungslos. Expert*innen schätzen die Dunkelziffer aber noch viel höher ein, denn Frauen auf der Straße sind oft gar nicht erst sichtbar. Laut Katrin liegt das unter anderem an der Gefahr, die für Frauen von der Straße ausgeht. Gewalttätige oder/und sexuelle Übergriffe seien hierbei keine Seltenheit. Hinzu kommen Ausgrenzung und Abwertung. Aufgrund von Scham würden viele Frauen auch erst spät nach Hilfe fragen.
"Frauen verwenden wahnsinnig viel Energie darauf, nicht sichtbar zu sein auf der Straße oder nicht als obdachlos erkannt zu werden, weil es einfach sehr gefährlich ist." - Katrin Mönnighoff-Umstätter


Arbeit trotz Obdachlosigkeit

Oft sieht man Frauen ihre Obdachlosigkeit nicht an, weil sie einen Job haben. Gut 12 Prozent der Frauen arbeiten zum Beispiel in der Pflege. Der Grund, dass sie einen Job aber keine Unterkunft haben, ist laut Katrin, dass viele von ihnen aus Osteuropa angeworben werden und es aus irgendeinem Grund mit der Unterkunft nicht klappt. Arbeiten wollen sie aber trotzdem. Wenn das Arbeitsverhältnis dann endet, sind sie nicht nur wohnungs-, sondern auch arbeitslos. Obwohl sie in Deutschland gearbeitet haben, stehen ihnen hier wenig bis keine Ansprüche zu, denn oft sitzt die Vermittlungsfirma in einem anderen Land.



Wohnung finden als Hartz-IV-Empfänger*in

Noch dazu kommt: Viele Vermieter*innen vermieten nicht an Hartz-IV-Empfänger*innen. Das erschwert die Wohnungssuche für arbeitslose Frauen erheblich. Katrin plädiert dafür, dass niemand wegen seines/ihres Einkommens ausgegrenzt werden sollte und erzählt von der Wohnungssuche der Frauen in ihrem Wohnheim.
"Unsere Frauen erleben das sehr häufig […]. Sobald sie sagen, dass sie [Empfängerinnen von Arbeitslosengeld II] sind, wird ihnen abgesagt […]. Wenn man tagtäglich diese Absagen erfährt, diese Zurückweisung jeden Tag, das ist sehr schwer auszuhalten und fördert Depressionen und ähnliche Krankheiten natürlich erheblich." - Katrin Mönnighoff-Umstätter



Überlastung des Wohnheims

Wenn eine der Frauen aus dem Frauenobdach eine Wohnung oder einen festen Wohnort findet, ist das natürlich eine Erleichterung. Zieht eine Frau erfolgreich aus, ist ihr Platz aber schon wieder für die nächste verplant, erzählt Katrin. Das Übergangswohnheim sei sehr überlastet. Die 20 stationären Einzelappartements sind eigentlich immer voll, die zehn Notschlafplätze sind, wie der Name schon sagt, nur für den Notfall. Die Frauen, die hier unterkommen, müssen innerhalb von zehn Tagen an einen anderen Ort vermittelt werden. Dafür sind die Wartelisten aber wahnsinnig lang.
"Das ist natürlich für die Menschen unglaublich frustrierend. Wenn die so viele Einrichtungen abtelefonieren und immer die Absagen bekommen, teilweise gar nicht auf die Wartelisten kommen. Auch wir haben teilweise am Tag bis zu zehn Anfragen für die Notaufnahme, die wir alle ablehnen müssen, weil es einfach voll ist." - Katrin Mönnighoff-Umstätter

Was du tun kannst

Gefahr, Ausgrenzung, Abwertung und Ablehnung. All dem sind wohnungslose Frauen tagtäglich ausgesetzt. Was kann den jede*r Einzelne tun? Katrin fordert vor allem, obdachlose Menschen nicht zu ignorieren.
"Das Wichtigste ist, dass wir die Wohnungslosen nicht aus dem Blick verlieren, […] dass man nicht so gleichgültig wird, sondern sich bewusst macht: Da steckt auch ein Schicksal dahinter. Wohnungslosigkeit kann jeden treffen, da müssen wir nicht denken, dass wir da geschützt sind davor." - Katrin Mönnighoff-Umstätter

Wenn du helfen willst, rät Katrin dazu, eine Einrichtung für Wohnungslosenhilfe in deiner Nähe einfach mal anzusprechen und zu fragen, wo Hilfe gebraucht wird. Ob es jetzt ehrenamtliche Unterstützung ist oder Spenden. Hier sei vor allem wichtig zu fragen, was gerade am dringendsten gebraucht wird. 





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