Die Midlife-Crisis

Die Midlife-Crisis

Warum so viele die Sinneskrise durchleben

Von  Anna Fasciani
Gibt's doch immer wieder: Männer, die die Mitte ihres Lebens erreicht haben, kaufen sich plötzlich einen schicken Sportwagen, gehen Beziehungen mit deutlich jüngeren Frauen oder Männern ein und wollen eines auf gar keinen Fall: älter werden.

Klingt überspitzt?

Stimmt. Doch die Midlife-Crisis von Männern ist mit vielen Klischees behaftet. Vielleicht auch deshalb, weil gar nicht klar ist, ob es sie überhaupt wirklich gibt. Darüber streiten Frauen, Männer und Wissenschaftler*innen seit Jahrzehnten. Aber wie ernst müssen wir sie nehmen und was steckt eigentlich genau dahinter? 

Was ist die Midlife-Crisis?

Der Begriff Midlife-Crisis wurde 1957 von dem kanadischen Psychoanalytiker Elliot Jaques geprägt, der über männliche Patienten berichtete, die im Lebensalter von 40 bis Mitte 50 erkennen, dass sie die Lebensmitte überschritten haben. Er berichtete über einen anonymen 36-Jährigen, der als Symptome eine plötzliche Unfähigkeit, das Leben zu genießen oder auch zwanghafte Versuche, jung zu bleiben angab. Jahre später veröffentlichte er, dieser Patient selbst gewesen zu sein.

Das Wort "Symptome" suggeriert, dass es sich bei der Midlife-Crisis um eine psychische Krankheit handelt, das ist sie aber nicht.

Es ist eher eine Sinnkrise, die mit vielen Unsicherheiten, Sorgen und Ängsten einhergeht: Wer bin ich, was habe ich erreicht, was ist das wert und was will ich mit dem Rest meines Lebens anfangen? 

Während "Mann" die Antworten auf diese "äußeren Fragen" selbst finden muss, hat er das, was körperlich in dieser Zeit passiert, nicht unter Kontrolle. Die Hormone spielen verrückt – das, was Frauen jahrelang Monat für Monat er- und durchleben, zeigt sich in den Jahren der Midlife-Crisis in voller Bandbreite. Das allgemeine Wohlbefinden sinkt zu Beginn der Midlife-Crisis stark ab, überschreitet irgendwann ein Tief, um danach wieder zu steigen. Diese Zeitspanne bezeichnen Experten als "U Kurve des Glücks". Die meisten Männer kriegen diese Kurve, orientieren sich neu, und wenn sie das Tal der Unsicherheit, der Unzufriedenheit und des Unmuts durchwandert haben, stehen sie umso gefestigter mitten im Leben.
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Was sind die Wechseljahre?

Was die Midlife-Crisis des Mannes ist, sind die Wechseljahre der Frau. Sie beginnen meistens Mitte 40, dauern ungefähr zehn Jahre und sind in drei Phasen eingeteilt. Sie bezeichnen den Zeitabschnitt der hormonellen Umstellung am Ende der fruchtbaren Lebensphase.

Auch hier gibt es Symptome, doch auch die Wechseljahre sind keine Krankheit.

Rein körperlich geschieht beim weiblichen Geschlecht genau das Gegenteil als beim Mann: Der Hormonspiegel sinkt, die Periode wird unregelmäßiger, um irgendwann ganz aus zu bleiben, die Funktion der Eierstöcke nimmt ab und – abgesehen von hormonellbedingten Hitzewallungen und / oder Schweißausbrüchen und Stimmungsschwankungen – beschreiben viele Frauen diese Zeit als "einen zweiten Frühling". 

Das war jedoch nicht immer so. Die Behandlung mit Östrogenen war in den 60er-Jahren zu einer Standardtherapie geworden, mit der man Frauen insgesamt jugendlicher erhalten wollte. Die Hormone sollten beispielsweise die Lust auf Sex aufrechterhalten. Die Therapie galt als unkompliziert und sicher. Bis 2002 eine große Studie herausfand, dass durch die Einnahme der Hormone das Risiko für Brustkrebs, Infarkte und Schlaganfälle um jeweils 30 Prozent erhöht.

Die Beschreibung der Wechseljahre bedient sich ebenfalls an vielen Klischees:

Die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, das ständige Kümmern nimmt (endlich) ab und das Gefühl einer aus den letzten Jahren unbekannten Freiheit macht sich breit. Doch auch das Gegenteil ist der Fall: Einige Frauen erleben "den Wechsel" als tiefe Sinnkrise. Ob Frauen Mutter sind oder nicht – viele stellen sich in den Jahren des Wechsels die Frage: Wer bin ich? Doch im Gegensatz zum Mann, der sich eher daran orientiert, was er NICHT mehr will, fragen sich Frauen: Was gibts denn NOCH?

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