Der Klimawandel und die menschliche Psyche

Der Klimawandel und die menschliche Psyche

Birgit Zech von Psychologists for Future im Interview

Birgit Zech ist Psychotherapeutin, bei den Psychologists for Future aktiv und spricht mit egoFM Max über den Zusammenhang von Klimawandel und Psyche.

Die Klimakrise ist auch eine psychologische Krise

Deswegen haben Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen Psychologists for Future - eine Unterstützungsorganisation der Fridays for Future-Bewegung - gegründet.

Ein Symptom dieser psychologischen Krise kann das Gefühl des Ecological Griefs und der Solastalgie sein. Ecological Grief beschreibt eine Trauer-Reaktion auf den Verlust von bedeutsamen Landschaften, Ökosystemen und der Artenvielfalt. Solastalgie wiederum bezeichnet das Gefühl des Verlustes, wenn man die Veränderung oder Zerstörung der Heimat ganz direkt miterlebt. 

"Während der Begriff der Nostalgie [...] auf die Vergangenheit gerichtet ist, bezieht sich der Begriff der Solastalgie auf die Zukunft oder auch auf die Gegenwart." - Birgit Zech

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  • Birgit Zech zu Gast bei Max
    Das komplette Interview zum Anhören


Aber auch das Gefühl der Angst spielt aus psychologischer Sicht beim Thema Klimawandel eine große Rolle

Man spricht dabei auch von sogenannter Klimaangst. Die ist aber nicht per se schlecht, sagt Birgit Zech. Denn grundsätzlich ist eine ängstliche Reaktion auf eine so existenzielle Krise komplett angemessen, da sie uns dabei hilft, entsprechend zu reagieren.

"Wenn unsere Lebensgrundlagen bedroht sind, wie es jetzt der Fall ist, dann ist es gesund und normal, dass wir Angst empfinden. Diese gibt uns den notwendigen Handlungsimpuls, etwas zu tun. Eher ist es nicht normal, oder bedenklich, wenn überhaupt kein emotionaler Bezug zu dieser Kriese besteht." - Birgit Zech 

Problematisch wird es dann, wenn jemand so viel Angst hat, dass er*sie nicht mehr handlungsfähig ist. Gegen dieses Ohnmachtsgefühl hilft es, aktiv zu werden und sich mit anderen zu engagieren. 

Abwehrmechanismen

Genauso leicht aber, wie es vielen Menschen fällt, in Panik zu geraten, fällt es auch vielen, sich (im Alltag) gar nicht mit dem Klimawandel zu beschäftigen. Denn bei Themen, die negative Gefühle auslösen könnten, greifen Abwehrmechanismen wie Verdrängung, Verleugnung oder Skepsis. Auch diese Abwehrmechanismen sind aber normal und werden vor allem durch drei Faktoren ausgelöst:

1. Das Fehlen von emotionaler Nähe

Viele Menschen empfinden die Klimakrise bisher noch nicht als sonderlich bedrohlich, da das Gefühl der Nähe fehlt. Dies entsteht erst, wenn etwas zeitlich, räumlich und persönlich emotional ist.

2. Schuldgefühle

Hinzukommt, dass vor allem ältere Generationen und Industrienationen sich bei der Auseinandersetzung mit der Klimakrise eingestehen müss(t)en, dass sie selbst maßgeblich zu dieser beigetragen haben. Und das ist natürlich ein sehr unangenehmer Gedanke, der Gefühle wie Schuld oder Scham hervorrufen kann und deswegen lieber beiseite geschoben wird.

3. Finite Pool of Worry

Wir haben außerdem nur einen begrenzten Pool an Aufmerksamkeit, also einen "Finite Pool of Worry". Während der Coronakrise zum Beispiel, ist die Klimakrise sehr in den Hintergrund geraten, weil eine (scheinbar) akutere Krise in den Fokus rückte.

Birgit Zech ist der Meinung, dass für einen lösungsorientierten und gesunden Umgang mit der Klimakrise ein Mittelweg zwischen Angst und Verdrängung gefunden werden muss. Allerdings ist für sie auch klar, dass die Klimakrise nicht auf individueller Ebene gelöst werden kann und deswegen eine gesamtgesellschaftliche, aber auch politische Veränderung stattfinden muss.

"Die Klimakrise ist eine epochale Krise, die die Möglichkeiten eines Individuums übersteigt. Dafür braucht es eine gesellschaftliche Transformation." - Birgit Zech 

Veränderungen auf politischer Ebene

Die individuelle Bereitschaft zur Veränderung ist oft erschreckend gering und eine wirkliche Verhaltensänderung ist in der Mitte der Gesellschaft kaum zu beobachten, sagt Birgit. Deswegen sollte auch mehr mit gesetzlichen Vorgaben gearbeitet werden. Als Beispiel dafür, wie politische Entscheidungen und Gesetze ein gesellschaftliches Umdenken herbeiführen können, nennt Birgit die Anschnallpflicht, die in den 70er Jahren eingeführt wurde:

"Da gab es auch ganz viel Widerstand - auch Untersuchungen, dass es möglicherweise schädlich wäre. Und erst als es dann gesetzlich vorgegeben wurde, hat sich gezeigt, wie rapide die Unfallzahlen gesenkt wurden. Und mittlerweile ist es Konsens; es ist in der Norm verankert. Also es geht." - Birgit Zech




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