Das kleine Börsen 1x1

Das kleine Börsen 1x1

Von ETFs und Kryptowintern

Von  Viktoria Molnar
Die Börse scheint mit ihren eigenen Gesetzen zu spielen, zumindest, wenn es um die Begrifflichkeiten geht. Damit du auch mitspielen kannst, geben wir dir Nachhilfe.


Rezession

Geopolitisch und makroökonomisch ist grad Einiges am Dampfen: Schwere Energiekrise, hohe Inflation, Lieferengpässe und die schlimmste Dürre in Europa seit vermutlich 500 Jahren, so die EU-Kommission. Wer derzeit die Nachrichten verfolgt, wird daher diesem Begriff nicht entkommen. Die Rezession, zu deutsch, der Abschwung, gibt an, wenn sich die freie Marktwirtschaft über zwei Jahresviertel hinweg im Fall befindet, sprich die wirtschaftliche Leistung zurückgeht. Konkret können wir eine Rezession erkennen, wenn die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen dauerhaft sinkt - die Bürger*innen haben schlicht und einfach kein Geld mehr für neue Autos, teure Elektrogeräte und das Nagelstudio. Dadurch sind die Lager überfüllt, Arbeitende werden in Kurzarbeit geschickt oder gekündigt. Schlimmstenfalls droht den Unternehmen die Insolvenz. 

Die Rezession stellt eine der vier Phasen des Konjunkturzyklus dar, ähnlich den vier Jahreszeiten: Nach dem boomenden Sommer folgt der wirtschaftliche Abschwung, der Herbst. Hält die Rezession an, sprechen die Ökonomen von einer Depression. In Zahlen wird die Rezession anhand des BIPs gemessen, des Bruttoinlandsprodukts, also was ein Land innerhalb eines Jahres produziert. In einer Rezession geht es der Wirtschaft des Landes schlecht, das BIP sinkt.
Die letzte Rezession hat Deutschland im ersten Corona-Jahr 2020 erlebt und davor in der Finanzkrise 2008/2009. Und nun befindet sich Deutschland erneut in der Rezession, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung spricht sogar von einer Deindustrialisierung Deutschlands - vor allem mittelständische Unternehmen können sich die Energiepreise nicht mehr leisten. Einen Profiteur könnte die Rezession aber haben: Das Klima, denn laut Zahlen des Carbon Budget Projects gibt es meist weniger Emissionen, wenn die Industrie stagniert.

ETFs

Das Internet macht kräftig Werbung für sie und auch in der U-Bahn hängen sie auf jedem zweiten Plakat. Die Rede ist von ETFs. ET- what? Nein, nicht der. ETFs, stehen für Exchange Traded Funds, zu deutsch börsengehandelte Fonds und sind erstmal eine Möglichkeit, um Geld anzulegen.  Ein ETF bündelt dabei mehrere Anlageprodukte aus einem Bereich, beispielsweise Tec-Aktien, und bildet dann deren Index ab. Bei einem Index spricht man vom durchschnittlichen Kurswert der jeweiligen Aktien. Der Deutsche Aktienindex, kurz Dax, ist beispielsweise der durchschnittliche Kurswert der 40 größten deutschen Unternehmen. ETFs gibt es für alle möglichen Bereiche, ob Industrie, Technologie oder das alles zusammen, bloß in nachhaltig. Im jeweiligen ETF sind dann die 1000 stärksten Unternehmen dieses speziellen Sektors enthalten.

Dabei werden ETFs wie Aktien auch an der Börse gekauft und verkauft. Ein ETF bringt den Vorteil, dass man Anteile an Firmen haben kann, ohne jede Aktie einzeln besitzen zu müssen - was teurer und unsicherer wäre. ETFs sind dabei den eigentlichen Fonds also gar nicht so unähnlich. Bei einem regulären Fonds werfen viele Kleinsparer*innen ihr Geld in einen gemeinsamen Topf, Manager*innen verwalten dieses Geld dann und legen es entsprechend an. Der Witz daran: Das Risiko wird gestreut, weil die Anlegenden ihr Geld nicht nur auf eine Aktie setzen. So weit, so gut, aber was unterscheidet ETFs dann von regulären Fonds? Ein ETF wird nicht aktiv, sprich durch Fondsmanager*innen gesteuert, sondern ist passiv reguliert - das bringt den Vorteil, dass die Anleger*innen sich die Kosten sparen und so auch nicht von der Irrationalität eines Menschen beeinflusst sind. Der Nachteil eines ETFs jedoch ist, dass das System abrutschende Aktien womöglich zu langsam erkennt und diese den Wert dann runterziehen. Dies gleicht sich meist über einen längeren Zeitraum aus. Aber Achtung, wie bei allen Investments solltest du dich ausgiebig informieren, bevor du dein Geld anlegst.
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  • Bullen- und Bärenmarkt
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  • Kryptowinter
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Bullen- und Bärenmarkt

An der Frankfurter Börse stehen sich ein Bulle und ein Bär gegenüber -  bereit zum Kampf. Doch was haben diese Tiere mit der Börse zu tun? Symbolisch stehen die Tiere für die Marktteilnehmer*innen, die den Kurs des Aktienmarkts mit ihrer Stimmung maßgeblich beeinflussen: Der Bulle, optimistisch mit aufrechter Haltung, kauft Aktien, in der Hoffnung, dass der Kurs steigt. In einem sogenannten Bullenmarkt, einer Hausse, französisch für Aufschwung, steigt der Kurs dann tatsächlich, weil viele Bullen unterwegs sind. Der Bär hingegen hält sich geduckt und ist eher der Pessimist, er setzt auf den Kursabfall. Im Bärenmarkt, auch Baisse genannt, vom französischen Wort für Abschwung, kommt es dann zum Abschwung. Erwartungshaltungen und Spekulationen spielen in diesen Märkten also eine herausragende Rolle und zeigen auch, wie stark die Anleger*innen den Finanzmarkt beeinflussen.

Wenn die Bullen, also die optimistischen Käufer*innen, beispielsweise zu große Erwartungen haben, kann es im Extremfall zu einer Spekulationsblase kommen. Sind die Bären auf dem Vormarsch, so wäre hier der Worst-Case ein Börsencrash: Allein ausgelöst durch Spekulationen. Vor der Pandemie 2020 befanden wir uns in einem der längsten Bullenmärkte jemals, ein andauernder Aufschwung also. Derzeit befinden wir uns auf Grund von Kriegen, Pandemie & Energiekrise in einem Bärenmarkt, der sich natürlich selbst verstärkt. Wie lang dieser Anhalten wird, kann keiner sagen. Auseinanderhalten kannst ihr Baisse und Hausse übrigens mit der Eselsbrücke, "der Bär baisst".

Shorten

Shorten folgt - komplett gegen jede Intuition - dem entgegengesetzten Prinzip von den meisten Anlagestrategien: Denn im besten Fall wird hier eine Aktie teuer eingekauft und dann günstig verkauft. Aber wieso sollte man an teuren Aktien Interesse haben? Die Crux: Die Anleger*innen wetten auf die fallenden Kurse und… profitieren. Und das funktioniert, weil sie Aktien verkaufen, die sie nicht besitzen. Wie geht das? Die Anleger*innen, die sogenannte Leerkäufe oder auch Shorts tätigen wollen, leihen sich Aktien von Wertpapierleiher*innen, also Banken oder Großaktionär*innen. Dafür zahlen sie diesen eine Leihgebühr. Die geliehenen Aktien verkaufen sie dann auf dem Finanzmarkt und spekulieren nun darauf, dass der Kurs der Aktie fällt, damit sie diese später günstiger zurückkaufen können.  

Um das Ganze noch einmal zu veranschaulichen, hier ein Beispiel: Stell dir vor, ich leihe mir dein brandneues Handy und verkaufe es auf dem Schwarzmarkt. Ein paar Jahre später willst du das besagte Handy zurück - da es mittlerweile vermutlich im Wert gefallen ist, kaufe ich das gleiche Handy viel günstiger ein und gebe es dir zurück. Die Differenz von dem, was ich damals bekommen und jetzt ausgegeben habe, ist mein Gewinn - willkommen zum Short. Das Risiko für mich? Willst du dein Handy früher zurück und der Preis ist nicht gefallen, sondern gestiegen, dann habe ich ein Problem. Beim Shorten kann man also mit ganz wenig Einsatz viel gewinnen. Oder mit wenig Einsatz unendlich viel verlieren, da jede Aktie ja theoretisch unendlich teuer werden kann. 

Kryptowinter

Kryptowährungen haben seit dem Ende von 2020 einen besonders langen Run - einen Bullenmarkt. Vor allem die digitale Währung Bitcoin hatte zuletzt immer mehr Fans gewonnen: Länder wie das mittelamerikanische El Salvador oder die Zentralafrikanische Republik führten den Coin als gängiges Zahlungsmittel ein, weitere Länder wollen in den nächsten Jahren folgen. Doch der Weltwirtschaft geht es derzeit schlecht und so stürzen auch die Kryptowährungen in den Abschwung - fallen diese Preise über einen längeren Zeitraum in einem sogenannten Bärenmarkt, so sprechen wir von einem Kryptowinter. Den Namen verdankt dieser Abschwung der HBO-Serie Game Of Thrones: Der Ausdruck Kryptowinter beschreibt eine schwere Zeit, die naht. Die Kurse fallen - allen voran der Bitcoin, da dieser stark mit den Kursen des freien Marktes korreliert. Den letzten Kryptowinter kann man im Jahr 2018 verorten. Mitte Dezember fiel der Preis für einen Bitcoin auf unter 3,000 $, zuvor hatte er einen Höchstwert von 16,000 $ erreicht. Ein Crash, den 2018 so keiner erwartet hatte.

Die Gründe für den derzeitigen Kryptowinter sind offensichtlich: Energiekrise, Krieg in der Ukraine, steigende Spritpreise, die Inflation und und und. Und trotzdem bringt dieser Bärenmarkt Vorteile mit sich - die Kryptoszene ist guter Dinge: "Jedes Mal, wenn Menschen dachten, dass Bitcoin "gestorben" ist, kam er stärker zurück. Wenn man zweifelt, einfach rauszoomen", schreibt ein Bitcoin-Verfechter. Die Kryptoszene geht sogar so weit und prognostiziert bereits den nächsten Kryptorun. Und auch Ende September 2022 noch sprach der Präsident der Deutschen Bundesbank, Joachim Nagel von einem Digitalen Euro. Das Vertrauen in diese Währungen ist also nicht ganz verloren.

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