Tocotronic - Die Unendlichkeit

Tocotronic - Die Unendlichkeit

Der Lieblingstonträger der Woche

Endlich mal wieder eine Künstlerbiographie zum Anhören, so voll schön vertönt und verständlich und so - was sich jetzt schon richtig dumm anhört, ist es tatsächlich auch. Zum Glück! Das bedeutet nämlich: endlich reißen Tocotronic die Mauern ein.

Tocotronic war immer eine Band, die von oben für Leute von da hinten Musik machte - für die, die eine kläglich schrammelige Gitarre von einer kläglich schrammeligen Gitarre, die absichtlich kläglich schrammelig klingt, unterscheiden konnten. Für die, die nicht nur zwischen, beziehungsweise fernab aller Zeilen, sondern auch aller Harmonien Musik konsumieren und verstehen konnten.



Bis jetzt, beziehungsweise "a dato". Denn Die Unendlichkeit distanziert sich von Disharmonien und großer Schrammelei (das höchste der Gefühle ist noch die erste Single-Auskopplung "Hey Du", die alte Punkerherzen höher schlagen ließ) und hat auch kein Problem damit, Dirk von Lowtzows Leben nüchtern, unverschleiert und nicht übermetaphorisiert wiederzugeben. Tatsächlich macht jeder Satz Sinn, während der Klang ungewohnt glatt und noch poppiger ist, als es Fans der Band und Feinde des Roten Albums möglicherweise je für möglich gehalten hatten.
Das gefällt denn intellektuellen Freakfans natürlich gar nicht, zumindest kaum. Die fühlen sich ein bisschen verraten. Aber was soll man machen, die Welt gehört nunmal den Dummen!

Dabei ist Die Unendlichkeit klanglich auch wahnsinnig vielfältig. Nicht nur Pop und Punk werden hie dem alten und neuen Klientel serviert, auch Blues und Stoner Rock und Garage, Balladen und Kinderlieder stehen auf dem Programm - quasi ein Queen-Song, nur eben als Album.
Thematisch ist das Album dabei akribisch und beschäftigt sich fein chronologisch mit dem Leben des Frontmannes Dirk von Lowtzow: Es geht um's Aufwachsen im Schwarzwald, kindliche Träume und Hoffnungen, bis hin zur Teenageriot-Phase im Reihenhaus, große Lieben, erste Tode, Bedenken, Reue und dann der Bonus.

Super ist das, total echt ey im großen und Ganzen. Kein Grund sich darüber zu echauffieren.



Tracklist: Tocotronic - Die Unendlichkeit01. Die Unendlichkeit tocotronic dieunendlichkeit cover
02. Tapfer und grausam 
03. Electric Guitar 
04. Hey Du 
05. Ich lebe in einem wilden Wirbel 
06. 1993
07. Unwiederbringlich 
08. Bis uns das Licht vertreibt 
09. Ausgerechnet du hast mich gerettet 
10. Ich würd's dir sagen 
11. Mein Morgen 
12. Alles was ich immer wollte war alles 
13. Schlittenflug 
14. Die Verdammten 
15. Nineteen Hundred Ninety Three AD 
16. Über mich


Die Unendlichkeit von Tocotronic wurde am 26. Januar 2018 via Vertigo Berlin (Universal Music) veröffentlicht.



Bildquelle: Tocotronic

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