Mal einen gewagten Schritt in die Vergangenheit zu riskieren ist nicht immer einfach. Es könnte Erinnerungen geben, an die man sich nicht so ganz rantraut, Geschichten, die man doch eher nicht erzählen möchte. Und falls man es dennoch wagt, sollte man den Twist zwischen nostalgischer Wehmut und zukunftsweisenden Optimismus hinbekommen.
Rolling Blackouts Coastal Fever, die fünfköpfige Band aus Melbourne gelingt genau dieser Twist in ihrer Musik. Auch wenn es vielleicht nicht unbedingt Absicht war - für viele wird es trotzdem nach Vergangenheit klingen. Für andere vielleicht nach etwas Tanzbaren. Und den einen oder anderen wird es melancholisch in die Vergangenheit blicken lassen.
Aber von vorne. Wer von den Rolling Blackouts Coastal Fever gerade zum ersten Mal hört, der muss eines wissen: Man kann nicht nur irgendeine Band sein, wenn man sein Album vom Label Sub Pop veröffentlicht bekommt. Guckt man sich in diesem Kosmos kurz um, sieht man Labelkollegen wie Beach House oder Marika Hackman an ihren Platten schrauben. Da haben die Rolling Blackout C.F., wie man sie auch abkürzen kann, schon mal einen Platz gefunden, auf den sie bestens passen.
Bereit für den Nostalgietrip
Ob mit Absicht oder nicht, das Album Hope Downs löst ein Früher-war-alles-besser-Gefühl aus. Sogar dann, wenn man dieses besagte Früher selbst gar nicht erlebt hat. Man sieht sich beim Anhören dieses Albums dennoch selbst dabei zu, wie man in den Achtzigern in einen Vintageladen spaziert und sich durch sämtliche Klamotten-Kuriositäten wühlt, die dieses Jahrzehnt so zu bieten hat. Oder waren es doch schon die frühen Neunziger? Stolz spaziert man mit einer schwarzen Lederjacke mit bunten Aufdruck auf dem Rücken wieder heraus. Erst jetzt fühlt man sich endgültig bereit das Album Hope Downs ganz anzuhören.Im Gegensatz zu vielen anderen Genregenossen, die sich in verschiedenen Ästhetiken zu verwirren scheinen, wirken die Rolling Blackouts Coastal Fever so, als ob sie schon von Anfang an wussten, worauf sie Lust haben. Poppiger Punk. Oder ist es doch eher punkiger Pop? Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen. Das Songwriting gehen sie zunächst so brachial und grob an, als ob es Punk wäre. Trotzdem mit dem nötigen Fingerspitzengefühl, das man für Indie Pop benötigt, und obendrauf verzieren sie den Sound mit Texten, die man sonst eher aus dem Artrock kennt. Auch die Wahl ihrer Songtitel erzeugen Spannung auf den dazugehörigen Song, wie "Cappucino City" oder "An Air Conditioned Man". Ansonsten ist alles ganz klassisch, gitarrenlastig. Mehr brauchen sie auch nicht wirklich. Im Gesang wechseln sich die Bandmitglieder ab, schaffen damit umso mehr Abwechslung, jeder zeigt uns seinen eigenen Blickwinkel auf die Welt, so wirkt es.
Thematisch schreiben sie am liebsten über melodramatische Geschichten, sagen sie. Über die kleinen, winzigen Menschen, die sich in Situationen verwickeln, die für sie größer sind als sie selbst… Oder doch nur größer scheinen. Der Name Hope Downs stammt von einem gleichnamigen Eisenbergwerk im Westen Australiens. Wie klein man sich wohl fühlen mag, inmitten der unendlichen Weite, von der dieses Bergwerk umgeben ist? Wie es sich wohl anfühlt dort im Nirgendwo diese Anlage mit seinem weiten Graben und der zugehörigen Machinerie zu erblicken?
Wie düster das auch klingt, Hope Downs ist das Gegenteil davon
Im Vergleich zu den düsteren Bildern eines Eisenbergwerks, erinnern die Klänge aber schon fast an Surf-Pop, bei dem man entspannt mitwippen kann. Er würde sich aber auch gut als Soundgrundlage eignen, um sich sofort in den nächsten Moshpit zu stürzen. Dann bietet der Sound auch noch die Möglichkeit sich ein bisschen tiefer mit den Themen dahinter zu beschäftigen. Das gelingt vielleicht nicht beim ersten Mal anhören. Aber es lässt sich auch beim ersten Mal durchaus ahnen, dass da thematisch noch mehr dahinter steckt.Denn die Band hat keine Angst auch die richtig schweren Themen anzusprechen. Die Flüchtlingskrise, zum Beispiel, die im Song “Mainland” angesprochen wird. Irgendwie, ohne dabei auf eine politische Barrikade zu steigen, beschäftigt sich Sänger Tom Russo mit der Natur des Menschen und der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der menschlichen Seite der Migration eben. Wie so jedes andere Lied auf Hope Downs, wird der kühle Kopf bewahrt und die Empathie groß ausgelebt.
Wenn man sich denkt, man sei alleine im Universum, kann man sich am Gedanken erfreuen, dass wir alle gemeinsam alleine sind, sagt ein weiterer Musiker der Band, Joe White. Es ist nicht alles hoffnungslos, will uns die Band mitteilen, und auch aus dem tiefsten Loch eines Eisenbergwerks gibt es irgendwo einen Weg nach draußen.
Tracklist: Hope Downs
1. An Air Conditioned Man2. Talking Straight
3. Mainland
4. Time in Common
5. Sister's Jeans
6. Bellarine
7. Cappuccino City
8. Exlusive Grave
9. How Long?
10. The Hammer
Hope Downs von Rolling Blackouts Coastal Fever wurde am 15. Juni 2018 via Sub Pop veröffentlicht.
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