Nach zwei EPs beehren uns die Parcels nun endlich mit dem kompletten Debütalbum.
Es scheint ja Menschen zu geben, die bestimmte Musik immer nur zu bestimmtem Wetter, beziehungsweise einer bestimmten Jahreszeit hören können. Zumindest gibt es Musikjournalisten, die Musik gerne mit den Eigenschaften bestimmen Wetters, beziehungsweise bestimmter Jahreszeiten vergleichen und neue Alben auf diese Weise hochleben lassen.
Nehmen wir die Parcels als Beispiel. Wäre das Debütalbum im Frühling veröffentlicht worden, würde der Musikjournalist schreiben: "Die funky Klänge passen wunderbar zu den steigenden Temperaturen, die sich langsam auf den Sommer eingrooven". Während es im Sommer hieße: "Die Parcels haben mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum den Soundtrack deines Sommers veröffentlicht". Im Herbst hingegen wird es so gedreht: "Der Sommer ist vorbei? Nicht mit den Parcels! Die konservieren mit ihrem funky Pop das Sommergefühl bis in den Herbst hinein!". Und - na freilich - auch zum Winter kann das Album passend gemacht werden: "In Australien ist jetzt Sommer - genauso wie hierzulande, wenn du nur die Parcels in dein Ohr lässt! Der Funk der australischen Newcomer hält dich auch bei tiefsten Minusgraden warm!"
Worauf wir hinaus wollen ist nicht nur, wie unglaubliche stupide Floskeln sind, sondern auch die Tatsache erläutern, dass es scheinbar völlig irrelevant ist, welche Jahreszeit das Wetter gerade regiert - die Parcels passen immer.
Kein Wunder also, dass die Band aus Australien schon seit 2016 auch ohne Debütalbum und lediglich einer Hand voll Singles als das nächste große Ding gefeiert wird. Damit ist der Masterplan perfekt aufgegangen...
Aller Anfang
Bevor die Parcels vom Hype überhaupt nur träumen konnten, sind Louie Swain, Patrick Hetherington (beide Keyboarder), Noah Hill (Bass), Anatole Serret (Drummer), Jules Crommelin (Gitarre) eher einfache High School-Schüler in Byron Bay, die fast jeweils in eigenen, unterschiedlichen Bandprojekten stecken. Nach dem Abschluss ist aber irgendwie alles ganz klar: Um mit der Musik was reißen zu können, ziehen sie alle zusammen nach Europa, um sich dort inspirieren zu lassen - nach Berlin sogar, um ganz genau zu sein. Dort teilen sich die Parcels in ihrer Anfangszeit ein eher winziges Einzimmerapartment in der Innenstadt - bemerkenswert, dass sie bei den ganzen Strapazen nie das Handtuch geworfen haben.Was erstmal naiv klingt, fügt sich zur besten Entscheidung, die die junge Band treffen konnte.
Denn der Funk der Typen spricht sich sogar bis nach Paris rum, was zwei legendäre Roboterlein dazu bewegt, umgehend Kontakt zu den Parcels aufzunehmen. Das muss man sich mal vorstellen: Du schaust in dein Mailpostfach und siehst da eine Mail von Daft Punk, die unbedingt eine Single mit dir produzieren wollen. Ziemlich schwierig, sich dabei nicht ein bisschen in die Hose zu machen und darauf professionell zu antworten, vor allem wenn die Leertaste kaputt ist (vgl. die Tracklist der Parcels).
Irgendwie schaffen es die Australier aber und können kurze Zeit darauf das Ergebnis "Overnight" präsentieren - einen Song, bei dem man den Daft Punk'schen Einfluss nicht verleugnen kann und dennoch nicht auf das Debütalbum gepackt wird. Was aber auch gut ist! Immerhin machen so viele Newcomer den Fehler, auf lang ersehnte Debütalbum lediglich die paar EPs zu vereinen, die der Hörer schon seit Jahren kennt.
Die zeitlose Disco der Parcels
Obwohl die Parcels ihre Einflüsse eindeutig bei alten Diskolegenden suchen und aus dem Klang der 70er und 80er zehren, klingen sie trotzdem zeitlos - und vielfältiger als manch ein Hater sagen mag, der lediglich die vier Single-Auskopplungen vorab kennt. Bevor nämlich der typische Parcels-Funk und der signifikante Disco-Beat auf dem Debütalbum auf die Nerven gehen kann, macht der Klang des Albums eine Kehrtwende: "Tape", "Yourfault", "Exotica", "Bemyself" und natürlich die "Credits" sind Tracks, die überraschen.Parcels klingt damit teilweise wie ein Whitest Boy Alive, dem man Nylon Gitarren und Vintage Drum Machines in die Hände drückt. Oder wie ein gekonntes Bindeglied zwischen Daft Punks Discovery (2001) und Random Access Memories (2013) - inklusive des funky Chic-Touches von Nile Rodgers.
Der Abspann
Besonders besonders ist übrigens der letzte Track von Parcels. Wir zumindest können nicht behaupten schon viele Alben gehört zu haben, auf denen der letzte Track aus Credits besteht: Dean Dawson erwähnt in dreieinhalb Minuten alle, die auch nur ansatzweise was zum Album beigetragen haben. Der Rapper arbeitet in der Studiozelle gegenüber den Parcels und begeistert die Jungs stets mit seiner freundlichen Ausstrahlung. Deswegen wollten sie ihn unbedingt auf dem Album haben.Tracklist: Parcels - Parcels
01. Comedown02. Lightenup
03. Withorwithout
04. Tape
05. Everyroad
06. Yourfault
07. Closetowhy
08. IknowhowIfeel
09. Exotica
10. Tieduprightnow
11. Bemyself
12. Credits (ft. Dean Dawson)
Parcels von den Parcels wurde am 12. Oktober 2018 via Kitsuné veröffentlicht.
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