Weniger rau, weniger schrammelig, weniger so, wie wir ihn immer kannten: Jesper Munk meldet sich mit seinem dritten Album zurück und prahlt mit glattem, harmonischem und souligem Klang.
Fünf Jahre aus dem Leben des Jespers in drei Bildern.
Würde Jesper Munk täglich ein Album rausbringen, hätte er jetzt dank seiner Selbstporträt-auf-dem-Albumcover-Manier eine irre "One Photo a Day" Sammlung vorzuweisen. Tja, das hat er leider ein bisschen verschlafen, vorzuweisen hat er aber zumindest Symbolporträts seiner drei signifikanten Schaffensphasen: Wuschelkopfbubi mit obligatorischer Bad-Ass-Zigarette (zu sehen auf For in My Way it Lies aus 2013), das Tanktop-Modelface, als der Hype um seine Musik schon hochgekocht ist (Claim aus 2015) und den abgebrühten Wahlberliner zum derzeitigen Höhepunkt seiner musikalischen Karriere (Favourite Stranger, 2018).Fazit: Der Munk hat sich signifikant weiterentwickelt.
Beziehungsweise "neu kalibriert - sowohl musikalisch, als auch persönlich", wie er uns selbst im Interview erklärt. Nach seinem zweiten Album For in My Way it Lies hat er sich viel Zeit genommen, einfach noch mal neu anzufangen. Der erste Schritt war ein Schritt aus der Heimatstadt - raus aus dem Gewohnten, dem Heimeligen, hinein ins Neue, Unbekannte, nach Berlin. Der Grund dafür liegt nicht nur in einem Drang zur Weiterentwicklung, sondern - natürlich - auch in einer beendeten Liebesbeziehung. Drogen sollen dabei auch eine Rolle gespielt haben, auch das hat uns Jesper Munk anvertraut. Ihm ging es beim Konsum schlichtweg darum, die Perspektive zu wechseln und anders auf die Welt, ihre Menschen und Fügungen blicken zu können.Die Veränderung des Jespers sieht man nicht nur anhand der Albencover, sondern bekommt es auch auf die Öhrchen.
Favourite Stranger klingt weniger dreckig als die vorherigen Werke. Poppiger möchte man fast sagen, wenn das nicht irgendwie auch ein bisschen nach Kritik klingen würde. Also sagt man souliger, bringt es in Verbindung mit der amerikanischen Musik der 60er, 80er Jahre und liegt damit genauso richtig. Und so wurde aus dem Münchner Lokalhelden ein Künstler, dem man mittlerweile am allerwenigsten die Münchner Base zumuten würde. Vielmehr vielleicht Kalifornien - dort, wo der Blue-Eyed Soul von den Righteous Brothers in den 60ers gebärt wurde.Allerdings funktioniert Favourite Stranger nicht nur als eine weitere Retro-Platte, sondern genauso gut hier und jetzt, 2018, als zeitgenössisches Werk.
Weniger Hommage, mehr Selbstdarstellung
Während Claim und For in My Way it Lies noch Hommagen an die großen Bluessmusiker waren, die Jesper Munk letztlich zum Gitarrespielen motivierten, handelt es sich bei Favourite Stranger um Selbstreflektion und -darstellung. Es ist eine ganz eigene Welt, die das Album kreiert. Eine eigenartige Welt, auf die man sich erstmal einlassen muss. So sanf und dezent unheimlich zugleich. Kleinen Gefühlen wird hier riesiger Platz eingeräumt. Zum Beispiel der Empathie - die zieht sich thematisch als roter Faden durch das gesamte Album.Auch wenn Favourite Stranger selbstbezogen ist, hat Jesper Munk doch einen klaren Adressaten vor Augen: die Generation Y. Seine Generation. Einer sehr schnelllebigen, die im Sekundentakt Tausende Informationen und neue Hypes um die Ohren gehauen bekommt.
Coming Soon: Aggro-Jesper
Die nächste Phase, in der sich Jesper Munk befindet, ist übrigens auch schon angebrochen. Der ruht sich nämlich ganz und gar nicht auf der frischen Veröffentlichung aus, sondern schreibt schon wieder an neuen Songs, die alsbald wie möglich auf EP erscheinen sollen. In diesen bricht das ruhige Selbstreflektieren auf und mündet in reine Aggression. Der Klang: lauter, rougher, geradezu post-punkig. Der Adressat hier: die Zukunft.Klingt gut. Bitte so auch machen.
Tracklist: Jesper Munk - Favourite Stranger
01 Easier02 Solitary
03 Happy When I'm Blue
04 Stranger
05 Icebreaker
06 Cruel Love
07 Deeper Into Care
08 Line
09 Slow Down
10 Joy
Favourite Stranger von Jesper Munk wurde am 27. April 2018 via Warner Music veröffentlicht.
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