Interpol - Marauder

Interpol - Marauder

Der Lieblingstonträger der Woche

Nach der Vorabsingle "The Rover" ist das sechste Album von Interpol endlich da. Das ist ganz schön nervenaufreibend - und lässt uns nicht mehr los.

Vier Jahre sind nach dem letzten, sechzehn Jahre seit dem Debütalbum von Interpol vergangen. Vorweg muss man sagen: Der Sound von Interpol hat über die Jahre keine riesigen Veränderungen durchgemacht – wenn, dann ist er auf Marauder noch dichter und konzentrierter geworden. Aber warum auch nicht die Essenz aus dem ziehen, was immer funktioniert hat? Neu ist: Thematisch zeigen sich Interpol laut eigener Aussage biographischer als bisher.

Marauder (engl.) = Plünderer, Unruhestifter

Der Marauder dürfte manch einem von der 'Marauders Map', der Karte des Rumtreibers aus Harry Potter geläufig sein. Interpols Marauder ist nicht ganz so harmlos, denn er treibt sich nicht einfach wie ein rebellischer Zauberschüler nachts durch die Gänge, nein, er richtet Schaden an, zerstört Beziehungen – er ist die dunkle Seite, die Sänger und Gitarrist Paul Banks auf der Platte von sich preisgibt:

"Marauder is a facet of myself. That's the guy that fucks up friendships and does crazy shit."



Melancholie meets dunkle Bedrohung

Wohl auch wegen dieser Thematik ist eine starke Anspannung ständiger Begleiter der Songs auf Marauder. Viel Platz zum Atmen lässt Produzent Dave Fridmann nicht zwischen vorwärts peitschendem Schlagzeug, verhalltem Gesang und aufeinander geschichteten Gitarren. Manchmal dröhnen die so laut, scheppern die Drums so ohrenbetäubend, dass man sich ein wenig erschrickt und in all der Aufregung nach der Stimme von Paul Banks sucht, um sich daran festzuhalten.
Die Spannungskurve wird – mit Ausnahme eines kurzen Auflockerungsmoments in der Mitte des Albums – aufrechterhalten. Dazu tragen Interludes bei mit tiefen Klangflächen, die an Choräle erinnern, oder an eine verstimmte Kirchenorgel. Interpol schaffen es auf diese Art, den Hörer von Beginn an in ihren Bann zu ziehen und spucken ihn erst nach dem 13. Song einmal durchgeschüttelt wieder aus.

Für Musiknerds…

Interpol wollten auf Marauder einen besonders authentischen Live-Klang erzeugen. Das Grundsetting, auf das sich Daniel Kessler, Sam Fogarino und Paul Banks mit Produzent Dave Fridmann für die Aufnahmen einigten: die Band zu dritt im Studio, Live-Recordings und nur wenige Nachbearbeitungen ('overdubs') der Gitarren. Spüren tut es der geübte Hörer besonders dann, erklärt Paul Banks in einem Interview mit NME, wenn in den Songs klitzekleine Ungenauigkeiten auftreten, die es so nur in der Live-Situation gibt. Zum Beispiel wenn er vor dem Refrain seinen Pedalwechsel an der Gitarre nicht hundertprozentig genau auf den Beat trifft.

An solchen Details kann man sich aufhängen, muss man aber nicht. Man kann auch einfach das Album von vorne bis hinten durchhören und sich an einer starken Interpol-Platte erfreuen, auf der die Band ihrem altbewährten Rezept einen neuen Kick verpasst hat.

Tracklist: Interpol – Marauder

01 If You Really Love Nothing
02 The Rover
03 Complications
04 Flight of Fancy
05 Stay in Touch
06 Interlude 1
07 Mountain Child
08 NYSMAW
09 Surveillance
10 Number 10
11 Party's Over
12 Interlude 2
13 It Probably Matters


Marauder von Interpol wurde am 24. August 2018 via Matador Records veröffentlicht.

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