Franz Ferdinand - Always Ascending

Franz Ferdinand - Always Ascending

Der Lieblingstonträger der Woche

Mit Lieblingsbands ist das so eine Sache. Einhergehend mit jeder Bekanntgabe, dass ein neues Album auf dem Weg sei, wächst die Panik: "Wird meine Lieblingsband jetzt kacke?" Leute, die deswegen nicht schlafen könnten, sollten am besten einfach Franz Ferdinand-Jünger werden.

Denn scheinbar ist die Band immun dagegen, echte Fehlschläge rauszuhauen, in 15 Jahren Bandgeschichte ist das nämlich noch nie vorgekommen. Dabei war es gar nicht mal so abwegig sich zu fürchten, dass sich der geliebte Franz Ferdinand-Sound mit dem vierten Studioalbum essenziell verändern könnte, vergangenes Jahr ist nämlich der Leadgitarrist und gelegentliche Background-Sänger Nic McCarthy aus der Band geschieden, um sich einerseits seinem Privatleben und andererseits auch anderen Projekten zu widmen. Zum Beispiel dem Duo Manuela, das er zusammen mit seiner Frau noch am Laufen hat. Ob da irgendwie noch was anderes im Busch steckte, lässt sich nur munkeln. Denn sowohl McCarthy, als auch die Franz Ferdinands stocken allein schon bei der Frage und weichen mit netten Floskeln aus. Nun, wo wir die neue Platte schon vorliegen haben, erscheint das aber sowieso nicht mehr so wichtig. Der anfängliche Schock war nämlich völlig unbegründet: Always Ascending ist so sehr Franz Ferdinand, dass nicht mal ein absolutes Gehör den fehlenden Nic McCarthy missen könnte, ohne dabei aber wirklich vergleichbar oder eingesessen zu klingen. Oder simpel gesagt: Auf hundert Meter Entfernung kann man hören, dass es sich bei den neuen Songs um die unvergleichliche Band aus Glasgow handelt, während man sich mit jedem Schritt, den man gehen Musik setzt, an neuen Details, neuen Arrangements und neuen Ideen erfreuen kann.
 
Damit wirkt das neue Werk tatsächlich wie ein Best Of der Bandgeschichte, ohne auch nur ansatzweise ein Best Of zu sein, denn Always Ascending ist fokussiert gen Zukunft gerichtet und markiert einen Umbruch des altbekannten Franz Ferdinand-Klangs, ohne mit dem alten zu brechen.

Dieser Wandel liegt auch an dem Zugewinn der beiden Bandmitglieder Dino Bardot und Julian Corrie. Dino ist ein alter Freund der Band aus Glasgow, den Alex Kapranos bei einer Party dabei erwischte, wie er völlig in einem Cover von Princes "Purple Rain" aufging. "Du bist ein Rockstar! Die Leute müssen dich hören! Du musst in die Band kommen!", sagte Kapranos zu Bardot und damit war neue Geschichte auch schon geschrieben. Julian Corrie wiederum kam als Ergänzung der Band hinzu und kümmert sich um den neuen Schwerpunkt: Synthesizer. Diese sind - was man als Fan, der mit der Diskografie bestens vertraut ist möglicherweise gar nicht glauben mag - zwar nicht vermehrt im Vergleich zu den bisherigen Platten zu hören, aber anders, fokussierter. Auch das hat uns der Frontmann höchstpersönlich versichert und noch hinzugefügt, dass sogar eher weniger Synthesizer als bei manch einem anderen Album benutzt wurden. Ein bisschen romantisch ist vielleicht die Vermutung, dass die Art und Weise, wie Julian den Franz Ferdinand-Sound mit seinen Synthesizern bereichert, Grund für den vermeintlich stärkeren Elektronikeindruck ist. Diese Art und Weise ist nämlich eine ganz bewusste und für heutige Zeiten eher ungewöhnlich: Julian spielt den Synthesizer live in Kombi mit den Instrumenten seiner Bandkollegen. Keine Tonspur wurde isoliert eingespielt und anschließend in irgendwelchen Produzentenprogrammen am Computer auseinander geschnibbelt und punktuell versetzt. Daher wirkt das Album auch nicht überproduziert, sondern verleiht dem Klang die gewohnte Franz Ferdinand'sche Rauhheit.



Es ist übrigens unheimlich schwierig, ein, zwei oder gar vier herausragende Stücke aus Always Ascending festzumachen. Dabei haben die ersten drei Single-Auskopplungen die Messlatte schon ziemlich hoch gesetzt - "Always Ascending" wegen der knarzigen Synths, "Lazy Boy" wegen seines Ohrwurmcharakters und "Feel the Love Go" wegen des fantastisch verstörend weil befriedigenden Gefühls, von Synthesizern engelsgleich ins Ohr gepupst zu bekommen. Besonders besonders ist aber zumindest noch die Laudatio "The Academy Award", der treibende Diskokracher "Glimpse of Love", der düstere Diskokracher "Lois Lane", das verspulte "Finally" (gerade empfehlenswert für Orgelfans), "Paper Cages", weil es ein bisschen an Dr. Dres "Still D.R.E." erinnert, "Huck and Jim" wiederum überrascht mit einer Rap-Einlage seitens Alex Kapranos und "Slow Don't Kill Me Slow" sticht heraus, weil es wie eine Fortsetzung des 2005 veröffentlichten Songs "Eleanor Put Your Boots On" klingt und sich zudem gen Mitte zu einer auditiven Weltraumreise entwickelt. Ja, und damit wären wir auch schon beim Punkt des Absatzes: Always Ascending ist unglaublich vielfältig, demnach ist es auch wirklich fahrlässig, Franz Ferdinand eine gewisse Einfallslosigkeit vorzuwerfen. Wem danach ist, der sollte sich generell einmal überlegen, ob er sich statt langjährigen Lieblingsbands lieber Woche für Woche einen neuen Star sucht. Eine gewisse Kontinuität ist das Geheimnis jeder großen Band, was nicht heißt, dass wir hier sich ewig selbstcovernde Bands hochleben lassen wollen. Wir lassen lediglich Franz Ferdinand hochleben, die es einerseits verstehen, ihrer Grundessenz treu zu bleiben und andererseits mit neuen Details zu verfeinern. 


Tracklist: Franz Ferdinand - Always Ascending01. Always Ascendingfranzferdinand alwaysascending cover

02. Lazy Boy

03. Paper Cages

04. Finally

05. The Academy Award

06. Lois Lane

07. Huck and Jim

08. Glimpse of Love

09. Feel the Love Go

10. Slow Don't Kill Me Slow

Always Ascending von Franz Ferdinand wird am 09. Februar 2017 via Domino Records veröffentlicht.

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