egoFM 200 aus 20: Bon Iver - 22, A Million

egoFM 200 aus 20: Bon Iver - 22, A Million

Unser Platz 4 der besten Alben der letzten 20 Jahre

Im Jahr 2016 sprengt Justin Vernon mit Bon Iver alle Genregrenzen. '22, A Million' ist eine einzigartige musikalische Reise durch Folk und Elektronik und wieder zurück. Unser Platz 4 der besten Alben aus den letzten 20 Jahren.

In einem einsamen Blockhaus irgendwo in Wiscontin sitzt Justin Vernon mit seiner Gitarre. Außerdem befinden sich in dieser zum Studio umfunktionierten Waldhütte noch ein Klavier, ein Vocoder, jede Menge Synthesizer, drei Drumsets, sowie eine Blaskapelle und eine Handvoll von Vernons musikalischen Mitstreiter*innen.

Dort entsteht 22, A Million von Bon Iver.


In diesem vollgestopften Blockhaus, umgeben vom idyllischen Waldgebiet Eau Claires, beginnt die magische Reise des dritten Albums der Indie Folk-Band. Mit 22, A Million wird aus Bon Iver endgültig etwas Größeres als Vernons Soloprojekt, bei dem er alleine mit Lo-Fi-Equipment einige Songs aufnimmt. Diese intimen Momente, von Akustikgitarre getragen, existieren zwar immer noch, treffen nun jedoch auf außerweltlich klingende, fett produzierte Electronica. Eine fast schon dreiste Mischung, die es nahezu unmöglich macht, das Album in ein einziges Genre zu pressen – 22, A Million ist eine wirklich einzigartige Platte.



Das dritte Album von Bon Iver zu hören, ist ungefähr so, als würde man den Studio Ghibli-Klassiker Chihiros Reise ins Zauberland in Originalsprache schauen. Irgendwie versteht man nichts, und, dank der überwältigenden Emotionen, die die Musik vermittelt, doch alles gleichzeitig. Denn hinter all den fremdartigen Sounds und den abstrakten, fragmentarischen Textzeilen singt Justin Vernon von überaus menschlichen Dingen.

Die Songs mit so kryptischen Namen wie "10 d E A T h b R E a s T ⚄ ⚄" und "____45_____" handeln von Hoffnungslosigkeit, dem Verlust von Glaube, persönlichen Krisen und gescheiterten Lebensereignissen, aber auch von der Freude, wieder zusammenzukommen.

So klingt Justin Vernons Stimme doch tief vertraut – trotz Autotune!


Bei 22, A Million spielt die Musik keine begleitende, untergeordnete Rolle, vielmehr agieren Sound und Stimme als gleichberechtigte Partner, die miteinander harmonieren und sich unterstützen. Wie nebenbei adaptieren Bon Iver dabei einige Methoden aus dem modernen Hip Hop.

Vor allem sind es die gepitchten und verfremdeten Samples, die etwa an die Musik von Kanye West erinnern – mit dem Justin Vernon auch später zusammenarbeitet. 22, A Million bedient sich dabei von Mahalia Jackson, Paolo Nutini und Sharon van Etten. Bläsersounds, metallene Trommeln und Glitches, die durch eine extra für die Band programmierte Software entstehen, werden zu einem undurchdringlichen Klangdickicht aufgetürmt, das manchmal wie ein emotionaler Dampfhammer zuschlägt.


Bon Iver gehen mit 22, A Million über Grenzen hinaus.


Jeder Song ist ein auditives Abenteuer, in dem Vernon und seine Mitstreiter*innen bis an die Grenzen der Musik gehen – und sie manchmal sogar überschreiten. Wenn 22, A Million einen wieder aus seiner Klangwelt entlässt, ist es kaum möglich, alles Erlebte zu verarbeiten. Es bleibt nur ein Gefühl undefinierbarer, trauriger Schönheit zurück. Und der Wunsch, sobald wie möglich wieder mit Bon Iver aufzubrechen.
  • Bon Iver - 22, A Million
    Die 200 besten Alben der letzten 20 Jahre

Design ❤ Agentur zwetschke