Editors - Violence

Editors - Violence

Der Lieblingstonträger der Woche

Treibt man sich derzeit in der Musikblogsphäre rum, kann man schon mal Panik wegen der Vermutung bekommen, aus Versehen in ein Wurmloch gefallen und eine kleine Zeitreise gemacht zu haben (sofern das so funktioniert, waren keine Leuchten in Physik). Franz Ferdinand, MGMT, Born Ruffians - alle sind sie wieder präsent wie vor zehn Jahren, nun meldet sich eine weitere Band aus den Indie-Gefilden mit einem neuen Tonträger: die Editors.

Ach was muss das blöd sein, mit jeder neuen Veröffentlichung ständig mit den großen Anfängen verglichen zu werden. Gerade, wenn es einen Schnitt in der Karriere gab, in der ein essenzielles Gründungsmitglied aufgrund von Differenzen bezüglich der musikalischen Ausrichtung die Band verlässt. Das kennen die Editors nur zu gut. Alle (mindestens über hundert Leute) schwärmen in Anbetracht des neuen Albums Violence immer noch vom Debüt aus 2005, The Back Room, auf dem Songs wie "All Sparks" und "Munich" zu hören waren. Hoch im Kurs war dabei gerade die experimentelle Rohheit, die sich aus dem Bariton des Frontmanns Tom Smith, den schrammeligen Gitarrenriffs und düsteren Synths generierte. All diese Stilmittel sind zwar auf Violence zuverlässig vertreten - nur eben nicht mehr ganz so vermeintlich willkürlich zusammen geschmissen, sondern fein an-, in- und übereinander arrangiert.

Kein Wunder ist also die Tatsache, dass Violence wahnsinnig kontrovers rezensiert wird. Während sich die eine Hälfte des Musikjournalismus' beschwert, es würde das unvergleichliche Extra fehlen (vgl. Musikexpress), prophezeien die meisten britischen Medien wie der NME die Rückkehr zu ihren großartigen Anfängen. Das ist aber auch schon wieder uncool, wie die Band selbst findet, aus dem bereits oben genannten Grund: Es nervt, ständig mit den eigenen alten Kamellen verglichen zu werden. Doch an der ganzen Editors-Chose gibt es noch ein weiteres Problem...

Der gemeine Vergleich der Editors mit Coldplay

Violence erinnert nicht nur vom Albumcover her an das Anfang vom Ende von Coldplays Status als Band für Musikliebhaber. Auditiv hat es damit auch einiges gemein: Das Experimentelle, Schrammelige, leicht Dissonante haben die Briten weitestgehend eingetauscht mit akribisch durchproduzierten Hymnen. Das muss man mögen - Editor-Fans der ersten Stunde tun dies eben weitestgehend nicht. Für die ist das Album allerdings auch nicht gemacht. Das Album ist gemacht für die neue Riege der Fans. Die, die in der Öffentlichkeit zwar ein Problem mit Coldplay haben, beim ein oder anderen neuen Song auch noch die Gänsehaut unter dem Pulli tragen. Die Editors geben denen - wir nennen sie mal liebevoll Außenseiter - die Möglichkeit, ihre (wir nennen sie mal liebevoll...) perversen Gelüste nach gut produzierter Pop-Musik aus dem Handbuche ganz ohne Scham auch vor Indie-Kids ausleben zu können. Und das ist ja auch okay, nüchtern betrachtet geht es hier nämlich um eine ganz wichtige, elementare Sache: die Weiterentwicklung der eigenen Kunst. Die Editors haben sich schlichtweg aus ihrem Kokon aka The Back Room befreit und sind nun mehr "Papillon" denn je.


Tracklist: Editors - Violence

01 Cold
02 Hallelujah (so low)
03 Violence
04 Darkness at the door
05 Nothingness
06 Magazine
07 No sound but the wind
08 Counting spooks
09 Belong

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