So war das Primavera Sound Festival 2019

So war das Primavera Sound Festival 2019

Laura bloggt aus Barcelona

22 Bands, 110.000 Schritte, 103 Kilometer und 25 Grad - das beschreibt die letzten vier Tage auf dem Primavera Sound Festival in Barcelona eigentlich auf den Punkt.

Von Mittwoch bis Sonntag war ich in Gaudis Stadt unterwegs und durfte einmal alles in Übermaßen an schönsten und heftigsten Festivalerfahrungen mitnehmen. Ich erinnere mich noch daran, wie ich die Tage, Stunden und Minuten bis zum Primavera runtergezählt habe und dann - Zack - verging alles wie im Flug und das Ganze kommt mir vor wie ein langer, sonniger, intensiver Traum.

Allein wenn ich jetzt die Bands wieder in mein noch benebeltes Gedächtnis rufe, fängt mein Puls gleich wieder an zu eskalieren (und ich bin froh, dass er das noch kann, denn Schlaf wurde die letzten Tage völlig überbewertet). Mit einem kontinuierlich hoch dosiertem Mix aus Euphorie, Koffein, Motivation, Sangria und Empanadas stellte ich mich dem bombastischen Line Up:

Erykah Badu, Tame Impala, Solange, Future, J Balvin, Interpol, Janelle Monáe und Roslía, Big Red Machine, Mac DeMarco, Christine and the Queens, Courtney Barnett, Julien Baker, Maribou State, Dream Wife, Alice Phoebe Lou, Tame Impala, Robyn, Apparat, Kate Tempest, Kurt Vile & The Violators, Jungle, Snail Mail, Loyle Carner, Boy Pablo, Tirzah,… Okay ihr seht schon das ist ziemlich fett. Und das war nur ein Teil des Line Ups. Es gibt einfach unfassbar viele Bands, die einen auf diesem Festival verzaubern.

Wo und wann sollen die alle spielen? Ha! Kein Probelm auf dem Primavera Sound Festival. Für mich war es nämlich mit Abstand das größte Festival auf dem ich jemals war (und auch das beste, muss ich glaube ich sagen). Unzählige Bühnen - kleine, große, runde, eckige, direkt am Meer, versteckt in Secret Locations und und und - tausend Essensstände (habe versucht alles zu probieren, meine Favoriten: das Massaman Curry und die Empanadas), etliche Spiele und Aktionen vor Ort, Bier und Spritz in rauen Mengen und natürlich lauter kleine Läden und Stände mit den perfekten Festivaloutfits. Das alles auch mit so viel Liebe zum Detail dekoriert.

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Ihr merkt schon, es fällt mir ziemlich schwer meine Begeisterung zurückzuhalten. Jetzt wurde ich auch noch dazu genötigt, mich auf die besten Momente, Eindrücke und Bands zu beschränken. Eigentlich nicht möglich, daher hier ein kurzer Einblick zumindest, wobei nochmal betont sei, dass dort alles unfassbar toll ist und es mir wahnsinnig schwer fällt mich zu beschränken auf den besten Act (ganz zu schweigen von der Stadt an sich noch dazu)...

Ich starte mal mit dem ersten Tag, der Ankunft am Mittwoch.

Höchst motiviert sind wir am frühen Abend auf dem Gelände eingetroffen und haben uns erst mal versucht einen Überblick zu verschaffen, welche Bühne wo ist, wer wann wo spielt. Bei einem Glas Wein haben wir uns auf eine Serviette dann unseren eigenen Timetable bis Sonntag gemacht, der wie folgt aussah:
  • Mittwoch: entspannter Start mit Big Red Machine
  • Donnerstag: durchpowern mit Big Thief, Mac DeMarco, Apparat, NAS, Interpol, Erykah Badu, Future, FKA Twigs, Maribou State
  • Freitag: Anti-Hangover mit Kurt Vile & The Violators, Janelle Monáe, Miley Cyrus, Tame Impala, Robyn, Jungle, Mura Masa
  • Samstag: durchmachen bis zum Abflug mit Loyle Carner, Pusha-T, Lizzo, Solange, J Balvin und James Blake

Spoiler: we made it! Daher kommen auch die 110.000 Schritte... und (Muskel-)kater.

Schon am Donnerstag war für mich auf jeden Fall eines DER Highlights, was ich nie wieder vergessen werde und schon in die Top 3 meiner besten Konzerte überhaupt aufgenommen habe:

Eine Stunde Apparat Live im komplett abgedunkelten Auditori Rockdeluxe Saal

Ein dunkler Gang, dann runter, dann wieder hoch und dann... stand ich in diesem komplett dunklen Saal, wie in einem Kino. Was mich erwarten würde, war mir nicht ganz klar, zumindest nicht, dass es so krass wird. Von oben schaut man auf die Bühne runter, ein Lichtstrahl auf einen einzelnen Mann, dann BOOM: Der Beat setzt ein, die Band wird beleuchtet, eine Laser Show geht los und mein ganzer Sitz vibriert. Vom ersten bis zum letzten Moment hatte ich Gänsehaut pur und dann spätestens ab "Caronte" sind mir durchgehend die Tränen runtergelaufen (keine Übertreibung!). Wir saßen danach erst mal noch zehn Minuten einfach schweigend da, um das Erlebnis zu verarbeiten.

Aber nicht zu lange, denn dann ging es ja schon wieder weiter zu NAS und ich wurde wieder wach gerüttelt in die reale Welt und mit Blick aufs Meer haben wir uns totgetanzt.

Danach ging alles wie im Flug, es gab nur noch fließende Übergänge von Interpol zu noch mehr Frauen Power bei Erykah Badu und FKA Twigs, die beide auf völlig unterschiedliche Weise ebenfalls Gänsehaut bescheren. FKA Twigs mit der zweit besten Bühnenshow meiner Meinung nach, da sie einfach richtig starke Tänzer und Tänzerinnen hatte. Da konnte echt keiner mehr still stehen (Platz 1 der Bühnen-Performance kommt noch).
Den Abschluss hat dann Maribou State gemacht. Waren auch wahnsinnig gut. Problem war nur, dass meine Energie langsam im unteren Level war und man 25 Minuten zu einer anderen Bühne laufen musste, über eine Brücke, durch einen Elektro-Floor. Aber aufgerafft. Gott sei dank, ich wurde belohnt mit "Turnmills" und "Vale", dazu ein milder Wind durchs Haar und Füße im Sand.

Freitag war dann nach einem ausgiebigen Schlendern durch die Stadt abends wieder volles Programm und großen Entscheidungsproblemen:

Robyn und Jungle spielen zur gleichen Zeit. Wen würdet ihr nehmen?

Eben. Kann man sich nicht entscheiden. Ich zumindest nicht. Daher erst Robyn bis zur Hälfte und dann Sprint zu Jungle. Aber ja, es fiel mir sehr sehr schwer, mich von Robyn loszureißen. Selten eine Frau erlebt, die so sinnlich ist, so viel Energie ausstrahlt und nur in einem leicht durchsichtigen, weißen Kleid mich so fesselt mit ihrer Power und kraftvollen Stimme.

Aber auch das Losreißen hat sich gelohnt: Jungle nehmen die ganze Menge mit, stecken alle an mit ihrem Spaß am Auftritt. Das beste war für mich Tom, der die ganze Zeit durchgehend ein riesenfettes Smile auf den Lippen hatte.

Gut gelaunt ging es dann wieder fließend zur nächsten Stage.

Bei Mura Masa war alles zu spät. Bei jedem Lied haben wir (zumindest versucht) mit ihr mit zu twerken. So viel Power in einem Booty!

Völlig hyper ging es dann ins Bett. Bereit für den nächsten und letzten Tag. Samstag-Sonntag. Klar, die Müdigkeit macht sich langsam bemerkbar, aber beim Sonnenuntergang, mit Meer im Rücken und dem chilligen Sound von Loyle Carner war das alles vergessen. Richtig sympathischer Auftritt und nebenbei hat er auch mal eben nen kleine Fußball Performance rausgehauen (Liverpool hat gewonnen, daher seine gute Laune vielleicht). Umgehauen wurde ich dann bis zum Ende, deswegen war das durchmachen auch nicht so schwer.

Lizzo hat auf der Lotus Stage mal eben alles zerlegt und eine Stunde lang mit ihren Big Girls getwerkt.

Im pinken, Paillettenkleid war das die krasseste Show mit Tänzer*innen. Kann sein, dass sie der Tequila auch noch angetrieben hat. Aussage von ihr selbst nach zehn Minuten Show:
"Should I tell you what? I am drunk as a motherfucker. And who wants to eat my pussy tonight?"
Und sie war einfach so wunderschön überwältigt, weil das einer der ersten Auftritte vor so großem Publkum war. Als dann alle: "Lizzo. Lizzo, Lizzo,.." geschrieben haben, hat sie erst mal geweint und gemeint, dass sie jetzt Präsidentin wird. Lizzo for President! Die Menge rastet aus und es wird getanzt als gäbe es keinen Morgen mehr.

Den Morgen gab es tatsächlich nicht mehr, denn der Rückflug ging am Sonntag um 7 Uhr morgens. Also direkt vom Festival zum Flughafen und mit einem neuen Pareo, Bikini Abdruck und vor allem aber 10.000 neuen Eindrücken und Emotionen, die für immer bleiben im Gepäck nach Hause.

Ich bin mir sicher, dass ich mir das Primavera Sound Festival in Barcelona nächstes Jahr nochmal geben werde.

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