Microdosing: Mit Psychedelika zur Selbstoptimierung?

Microdosing: Mit Psychedelika zur Selbstoptimierung?

Was es mit dem fragwürdigen Trend aus dem Silicon Valley auf sich hat

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die einem oft mehr abverlangt als machbar ist. Manche greifen deshalb sogar zu Methoden wie Microdosing - aber was ist das überhaupt?

Schneller, höher, weiter, kreativer, fokussierter und sowieso der Beste sein: Um so ein Maß an Selbstoptimierung - vor allem im Berufsleben - zu erlangen, greifen manche zu extremen Maßnahmen: mit geringsten Mengen an Psychedelika und anderen Drogen versuchen sie das Unschaffbare zu schaffen.

Was Microdosing genau ist und was es im Körper auslöst, darüber haben wir mit dem Journalisten und Autor Benedict Sarreiter gesprochen. Er hat sich bereits viel mit der Thematik befasst und ein Buch über Psychedelika verfasst. Im Interview hat er uns die wichtigsten Fragen rund um das Thema Microdosing beantwortet:

Was ist Microdosing?

Microdosing beschreibt die Einnahme bestimmter Substanzen in Kleinstmengen - so klein, dass sie unter der Schwelle der Wahrnehmung liegt und man sie fast nicht bemerkt. Während sich eine für Drogenkonsumenten "übliche" Dosis LSD beispielsweise auf 120 Mikrogramm beläuft, bekommt man von einer Microdosis von 10 Mikrogramm also keine Halluzinationen oder ähnliches.

Beim Microdosing geht es also nicht um einen Rauschzustand oder Halluzinationen - aber um was dann?

"Letzlich geht es eigentlich immer um Kreativität. Microdosing ist ja seit ein paar Jahren im Silicon Valley angesagt, da geht es immer um Problemlösungen, also Probleme und Herausforderungen schneller und besser lösen zu können." - Benedict Sarreiter



Microdosing aus wissenschaftlicher Perspektive

Der Psychologe James Fadiman forscht seit den 60er Jahren an dem Phänomen Microdosing, machte Versuche und Experimente und bat Microdoser um Erfahrungsberichte. Seine Ergebnisse zeigten: Microdosing führt dem Anschein nach zu erhöhter Konzentration, gesteigerter Produktivität und hilft negative Verstimmungen aufzulösen. 2011 veröffentlichte er den "Psychedelic Exlorer's Guide" und führte so den Begriff Microdosing in die Popkultur ein. Am Imperial College in London wird derzeit sogar eine eigene Studie rein zum Thema Microdosing durchgeführt.

Macht jetzt bald jeder Microdosing?

Das klingt jetzt zwar erstmal alles sehr gut, aber Mikrodosis hin oder her:

Auch der Besitz von Kleinstmengen ist illegal und dementsprechend sind die Substanzen nicht leicht erhältlich.

Das Microdosing zum Mainstream wird, schließt Benedict deshalb eher aus. Momentan sei das einfach eine kleine Gruppe - auch in Deutschland -, die das mache. Aber Fakt sei: Es betreiben nicht mehr nur Techies, sondern auch Menschen aus allen möglichen Arbeitsbereichen Microdosing.



Zu Risiken und Nebenwirkungen ... haben wir nachgefragt

Welche Nebenwirkungen Microdosing haben kann oder welche Schäden es nach sich zieht, konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden - aber auch daran forsche das Imperial College, erklärt uns Benedict.

Ob es körperliche Langzeitschäden gibt, kann und sollte man jedenfalls nicht ausschließen.

Ein erfahrener Microdosis-User nehme die Dosis jedenfalls nicht öfter als alle drei Tage. Wir fragen uns allerdings schon, warum man überhaupt zu derart heftigen Mitteln greifen muss, nur um der Maschinerie der Leistungsgesellschaft zu genügen.

Wäre es nicht viel wichtiger, den Drang zu Selbstoptimierung zu hinterfragen und sich auf das zu besinnen was wirklich wichtig ist? Wir finden jedenfalls den Trend zur Work-Life Balance viel besser als den zu Microdosis.

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